Ein kulturelles Erbe wird endlich saniert

Der Jüdische Friedhof Währing ist ein einzigartiges Dokument der Wiener Kultur, Kunst, Wirtschaft und Gesellschaft in der Zeit des Biedermeier. Seit 2019 nimmt seine Sanierung endlich Fahrt auf.

Zur Einordnung

Der Jüdische Friedhof Währing war ab 1784 fast 100 Jahre in Betrieb. Aus dieser Zeit sind ca. 9.000 Grabsteine vorhanden, insgesamt sind ungefähr 30.000 Personen begraben. Das Gesamtareal umfasst 20.000 m2. Bis 2018 waren wegen dichter Vegetation weite Bereiche nicht erreichbar. Grabsteine sind verfallen, umgestürzt, zerbrochen, nicht mehr zuordenbar. Die Schäden gehen vorwiegend auf Folgen der Vegetation und fehlende Instandhaltung zurück, aber auch auf Zerstörungen der NS-Zeit, Kriegseinwirkung und Vandalismus.

Erste Schritte 2019

Der Verein „Rettet den Jüdischen Friedhof Währing“ hat die Freiwilligen-Arbeit seit 2019 von März bis Oktober monatlich organisiert. Dadurch ist es den vielen freiwilligen Helferinnen und Helfern gelungen, fast das gesamte Areal des Friedhofs vom wuchernden Pflanzenwuchs zu befreien; die letzten 4.500 m² wurden mit Hilfe des Bundesheeres gerodet. Damit war der Friedhof zum ersten Mal seit 75 Jahren vollkommen frei von Unterwuchs.

Die Sanierung wurde dann mit archäologischen Arbeiten an zwei Teilflächen und einem 3D-Laserscan des Bereichs links der Hauptallee begonnen – der Scan war notwendig, weil die vorhandenen Pläne aufgrund vieler Abweichungen unbrauchbar waren. Bei den Grabungen auf diesen 6.400 m² mit ca. 2.500 Grabstätten konnten wertvolle historische Erkenntnisse gewonnen und zahlreiche verschüttete Steine geborgen werden.

Instandsetzungen 2020-2021

In den folgenden zwei Jahren nahm die restauratorische Bearbeitung der Grabsteine – aufbauend auf den Arbeiten und Erfahrungen des Vorjahres – so richtig an Fahrt auf. Unter anderem auch deswegen, weil der Verein zusätzliche Mittel aus Spenden zur Verfügung stellen konnte.

Bei der Sanierung werden alle Grabsteine identifiziert und nummeriert, Fragmente werden zugeordnet. Umgefallene Grabsteine werden aufgerichtet, Grabmale aus Kalksandstein verfestigt, Risse und Sprünge abgedichtet sowie Fehlstellen ergänzt. Zuletzt werden alle Steine sorgfältig gereinigt. Zu schwer beschädigte Grabteile werden in Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt und dem Rabbinat dem Verfall überlassen. Kleine, nicht zuordenbare Fragmente werden begraben.

2021 erhielt der Verein für die Sanierung des Friedhofs eine Förderung des Kulturministeriums von 600.000 Euro, aufgeteilt auf drei Jahre. Mit der ersten Tranche konnte der gesamte Streifen entlang der Westmauer zum Währinger Park instandgesetzt werden. Zusätzlich wurden Sponsoren für Einzelgrabsanierungen gefunden, womit das Grabmal von Rosalia Mandel, das Ensemble der Familie Epstein und zwei Grabsteine der Familie Redlich saniert wurden.

Planung für 2022-2023

Heuer und nächstes Jahr wird die Sanierung in zwei weiteren Teilflächen mit jeweils ca. 230 Grabsteinen fortgesetzt. Zusätzlich ist der Aufbau eines Ausstellungsraums im Tahara-Haus geplant.

Jüdischer Friedhof Währing

Nach der Sanierung

Jüdischer Friedhof Währing

Vor der Sanierung

Jüdischer Friedhof Währing

Vor der Sanierung

Jüdischer Friedhof Währing

Nach der Sanierung