Die Gärten der Gemeinschaft
Währinger Park – Gemeinschaftsgarten Zaunkönig

die üppig bewachsenen Beete gut erkennen. Entlang des Zaunes wachsen Beeren,
so dass Gäste von außen davon naschen können.
Bei einem Spaziergang im weitläufigen Währinger Park ist er Ihnen vielleicht schon einmal aufgefallen: der erste Gemeinschaftsgarten Währings. Seit 2014 wird hier gemeinschaftlich gegartelt. 20 kleine Parzellen in einer umzäunten Fläche. Die Zahl der InteressentInnen lag (und liegt bis heute) bedeutend höher, nämlich bei über 200. Dieser Garten heißt „Zaunkönig“ und funktioniert nach dem Prinzip, dass einige Parzellen jedes Jahr neu verlost werden. So ist gewährleistet, dass die BetreiberInnen des Gemeinschaftsgarten keine geschlossene Gruppe bilden.
In den letzten Jahren hat der „Zaunkönig“ Nachahmer gefunden, zwei weitere Gemeinschaftsgärten sind entstanden:
Schubertpark – Gemeinschaftsgarten Beethafen

Schon bei der Errichtung wurden möglichst viele Menschen miteinbezogen: die Kinder der benachbarten Bunten Schule, die Pfadfinder und noch viele mehr. Das ist auch eines der Ziele des Vereins „Beethafen“, der den Garten betreibt: Er soll für möglichst viele Menschen da sein. Entstanden ist die Initiative aus einer anderen Initiative, nämlich der Neugestaltung des Schulvorplatzes.
Leopold-Rosenmayr-Park – Gemeinschaftsgarten Zusammen-Wachsen

Hier wurde ein ganz besonderer Garten angelegt. Er besteht nicht nur aus einigen Beeten, sondern auch einem Kreis mit Sitzgelegenheiten im Zentrum, in dem sich aufhalten kann, wer auch immer Lust dazu hat, und sich im Naschgarten bedienen. Es gibt keinen Zaun, sondern nur eine niedrige Hecke. Mittlerweile ist der Garten ein Treffpunkt für die Nachbarschaft, die einen helfen mit beim Garteln, andere kommen einfach zum Plaudern.
Gemeinschaftsgärten – eine Nutzungsmöglichkeit des öffentlichen Raums
Diese Gärten sind politisch, weil sie zeigen, wie Menschen öffentlichen Raum gemeinsam nützen können, ohne ihn zu besitzen. Somit sind sie ein Gräuel für all diejenigen Zeitgenossen, die alles gerne in Privatbesitz sehen würden.
Beim Gemeinschaftsgarten Zusammen-Wachsen startete die FPÖ Währing sogar eine Kampagne: Einige HundebesitzerInnen hatten den kleinen Park bisher genutzt und waren jetzt entsprechend enttäuscht, dass andere nun auch Nutzungsansprüche stellten. Die FPÖ schürte den Konflikt und stellte sich auf Seiten der HundefreundInnen.
Wo sich Menschen Raum teilen müssen, weil er nicht im Überfluss vorhanden ist, treten Interessenskonflikte auf. Diese müssen verhandelt werden mit dem Ziel, möglichst alle irgendwie einzubinden. Dies ist Politik und wird am Beispiel der Gemeinschaftsgärten gut sichtbar.
Gemeinschaftsgärten schaffen Gemeinsamkeit
Der zweite wichtige Aspekt ist die Schaffung von neuer Gemeinsamkeit. In solchen Gärten treffen Menschen mit ähnlichen Interessen aufeinander, lernen sich kennen, schließen Freundschaften und vor allem kooperieren sie. Das lässt sich z. B. sehr gut an der Urlaubsvertretung sehen, die in diesen Gärten gang und gäbe ist: Du bist eine Woche weg und ich gieße deine Karotten. Dann bin ich eine Woche weg und du gießt meine Paradeiser. Der eine baut lieber Gemüse an, die nächste Obst und der dritte Blumen. Oft ergänzen sich die Vorlieben und so entsteht neben der Nachbarschaftshilfe auch ein reger Tausch, ganz ohne Geld übrigens.
In einem Jahr gedeiht ein bestimmtes Gemüse besonders gut und man gibt den anderen etwas davon ab. Im nächsten Jahr ist es umgekehrt. Die Menschen lernen zu geben, zu schenken und zu nehmen. In einer durchkommerzialisierten Gesellschaft ist das eine wiederentdeckte Kulturleistung, verbunden mit sozialem Lernen.

Zudem lernen sich in so einem Garten Menschen kennen, die nicht weit voneinander wohnen, trotzdem aber noch nie Kontakt miteinander hatten.
Die BetreiberInnen der Gärten veranstalten kleine Feste, zu denen die erweiterte Nachbarschaft eingeladen ist. Das Projekt zieht dann weitere Kreise, andere kommen auf den Geschmack und so entstehen im Idealfall neue Projekte.
Gemeinschaftsgärten schaffen Bewusstsein für die Abläufe in der Natur.
Durch die Gärten lernen die Menschen Obst, Gemüse und Kräuter anzubauen. Seit Jahrzehnten will die Agrarindustrie uns zu standardisierten KonsumentInnen erziehen: Die Produkte müssen eine bestimmte Form und Farbe haben, damit sie uns gefallen. Dementsprechend viel wird schon bei der Ernte aussortiert, obwohl es sich um absolut einwandfreie Ware handelt – etwa die Karotte, die nicht ganz gerade ist. Inzwischen greifen wir in den Supermärkten nur mehr zu perfekt aussehendem Obst oder Gemüse. Das ändert sich erst, wenn wir die Nahrungsmittel wieder selbst anbauen. Dann kann das Obst und Gemüse die komischste Form und Farbe haben – wir essen es trotzdem und lernen so, wieder den Wert der angebauten Nahrung kennen und schätzen.
Die Gemeinschaftsgärten lehren auf die Jahreszeiten zu achten, also die Gesetze und Besonderheiten der Natur wiederzuentdecken, die vor allem StadtbewohnerInnen oft verlorengegangen sind.
Gemeinschaftsgärten-Rahmenbedingungen
Die Gärten funktionieren aber nur dann, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Im Falle der beiden neuen haben einerseits die Gebietsbetreuung und andererseits die Lokale Agenda 21 die Initiativen unterstützt, vor allem bei der Vereinsgründung und bei der rechtlichen Absicherung. Außerdem brauchen solche Gärten einen Wasseranschluss sowie die Genehmigung der MA 42, sofern sie sich auf deren Grund befinden.
Die Bezirksvorstehung hat für eine gute Anbindung an den Bezirk mit allen Gärten folgendes vereinbart:
- Jeder Verein betreibt eine Website, auf der diese Informationen sowie Modalitäten zur Beetvergabe und Kontaktdaten zur Interessensbekundung angegeben sind.
- Bei allen drei Gärten wird der Bezirk außerordentliches Mitglied und der/die BezirksvorsteherIn zu den Generalversammlungen eingeladen.
- Statuten und Gartenordnungen werden in jeweils aktueller Form der Bezirksvorstehung zur Verfügung gestellt und sind öffentlich verfügbar.
- In allen Statuten ist geregelt, dass es Rotation bei der Vergabe der Beete gibt, sowie die weiteren Modalitäten der Beetvergabe.
Gemeinschaftsgärten sind nur dann ein Erfolg, wenn sie Teil des Grätzls werden. Dann haben Vandalismus und die Kräfte, die sich gegen Gemeinschaften richten, keine Chance.