100 Jahre Währinger Park
Eine Erfolgsgeschichte: Der Währinger Park ist mit der Zeit gegangen und dabei doch dem ursprünglichen Konzept treu geblieben. Seit 100 Jahren ein guter Ort für alle.

Man muss nur in den ersten schönen Märztagen in die Gärten und Parkanlagen gehen, um zu sehen, welche Rolle Grünanlagen im Leben einer Millionenstadt spielen.“ (Franz Jonas 1964, damals Wiener Bürgermeister, ab 1965 österreichischer Bundespräsident)
Was er wohl angesichts der tausenden Besucher*innen des Währinger Parkfests im September 2023 gesagt hätte? Vermutlich wäre er bei so viel Freude und Aktivität erstaunt und gleichzeitig etwas irritiert gewesen, sind doch viele Regeln seiner Zeit mittlerweile außer Kraft gesetzt: Park ist heute mehr als Lustwandeln oder auf einer Bank sitzen. Ein Spielplatz ist heute mehr als Sandkiste und Schaukel. Abgeschafft sind die Geldstrafe androhenden, mit einer Trillerpfeife bewaffneten Parkwächter und seit 2007 auch das Rasenbetretungsverbot.
Menschen aller Altersgruppen und Nationalitäten treffen sich hier, um zu plaudern und zu feiern, zu spielen, zu sporteln und wahlweise auf Bank oder Wiese zu chillen. Letzteres war den früheren Generationen als Wort nicht geläufig, aber bereits in der Parkanlagenplanung um 1920 (die Zeit des Roten Wien) legte man neben den ausgedehnten Bereichen für sportliche Betätigung auch Wert auf ausreichende Ruhezonen.
Was wissen die Menschen, die den Park heute so gerne nutzen, die Tischtennisoder Basketball-Spielenden, die Flanierenden oder Spielplatz-Nutzenden von seiner Geschichte? Ist ihnen bekannt, dass dieses Areal über hundert Jahre lang ein Friedhof war und sie sich auf den Gebeinen von tausenden ehemaligen Ortsansässigen bewegen? Unter ihnen auch die vier bedeutenden Revolutionäre Becher, Blum, Jellinek und Messerhauser, die sich in der Revolution 1848 für gewählte Volksvertretungen einsetzten, für die Beseitigung feudaler Strukturen und die Freiheit der Presse? Wie vielen ist der Gedenkstein zu ihren Ehren aufgefallen, oder der Gedenkstein zur Parkeinweihung, die beide seit 1923 hier ihren Platz haben?

1933, nur 10 Jahre nach Eröffnung des Parks, wurde im südlichen Teil des Parks das bis heute im Sommer hoch frequentierte Freibad angelegt. Es war Julius Tandler, der Gesundheitspolitiker des Roten Wien, der damals in den öffentlichen Parkanlagen der Stadt einen neuen und einzigartigen Bädertypus schuf, um den so zahlreichen Lungenerkrankungen und der weit verbreiteten Rachitis vorzubeugen. Bis in die 2000er-Jahre durfte das „Kinderfreibad“ bei freiem Eintritt ausschließlich von 6 – 14-jährigen Kindern besucht werden. Heute sind im „Familienbad“, so die neue Bezeichnung, Kinder jeden Alters und Erwachsene erlaubt – letztere allerdings nur als Begleitpersonen für die meist sehr jungen „Nichtschwimmer*innen“.

Auch die Jugendsportanlage wurde bereits sehr früh angelegt und nimmt den westlichen Teil des Parks ein. Von Mai bis Oktober werden die Sportplätze, Laufbahn und Weitsprunganlage von Kindergärten, Schulen und Vereinen zu wöchentlich fix gebuchten Trainingszeiten genutzt. Dazu kommen Schulfeste, Sportveranstaltungen und Feriencamps. Und auch das vom Bezirk veranstaltete Währinger Sommerfest findet alljährlich hier statt.
Im Laufe der Zeit entstanden drei Spielplätze, Tischtennis-Tische und Basketballfeld, Boule-Bahn und Outdoor-Fitnessanlage – das Angebot für sportliche Aktivitäten in jedem Alter wurde stetig erweitert. Und die neuerdings mit Flutlicht ausgestattete Skate-Anlage gehört zu den beliebtesten in der Wiener Skater-Community.

Gemüseanbau in Grünanlagen war in früheren Kriegs- und Nachkriegszeiten eine Überlebensstrategie. Beim „Gemeinschaftsgarten Zaunkönig“ ist die Intention heute eine andere: Seit 2014 wird auf 150 m2 im Währinger Park gegartelt. 20 Parzellen werden vergeben, von Kindergruppen bis zu Menschen im Pensionsalter sind alle Generationen dabei. Im Vordergrund steht die Freude an Nachbarschaft und Begegnung und daran, gemeinsam zu lernen, „wie das geht mit den Pflanzen“. Wildwuchs ist erlaubt, die Anwendung von Gift jedoch unerwünscht. Die Lust am Gartln ist groß – trotz Rotationsprinzips stehen mehr als 200 Menschen auf der Warteliste.

Wenn man Währingerinnen und Währinger fragt, warum wir unseren Bezirk so mögen, ist die häufigste Antwort: Wegen dem vielen Grün, wegen der schönen Parkanlagen. Das hat mit Erholung zu tun, mit der Möglichkeit, sportlich aktiv zu sein, und: Parks sind wichtige Orte der Begegnung. Wir sind soziale Wesen und nicht nur ältere Menschen, auch viele Jüngere leiden unter Einsamkeit. Parks machen Kontakte möglich oder erlauben es, auch nur still am Rande dabei zu sein. Die Pandemie hat uns gezeigt, wie wichtig Orte mit Aufenthaltsqualität sind, für unterschiedliche Bedürfnisse nutzbar und kostenlos für alle. Der Währinger Park ist seit 100 Jahren solch ein guter Ort für alle – wir gratulieren herzlich zum Jubiläum.