Das Leben in der Stadt – entspannt und klimafreundlich

Wer die Natur liebt, wer umweltfreundlich und weniger hektisch leben möchte, der zieht aufs Land. So sitzt es immer noch in vielen Köpfen. Auch wenn es schon längst nicht mehr stimmt …

Als eine Freundin von Wien zurück aufs Land gezogen war, blieb mir eine Erzählung sehr in Erinnerung: Früher, wenn ihre Kinder spielen, Gleichaltrige und frische Luft wollten, ging sie mit ihnen auf den nächsten Spielplatz, wenige Minuten zu Fuß entfernt. Und hatte dort nicht nur all das, sondern auch für sich selbst andere Eltern zum Plaudern. Jetzt, am Land, musste sie sich jedes Mal etwas ausmachen, mit Menschen, die dann nicht direkt ums Eck wohnten und dann meist mit dem Auto zum Treffen kamen. Weil: Es hatte ja jeder ein Trampolin im eigenen Garten stehen. Auf den Spielplätzen war: Niemand.

Viel von dem, was die Stadt so lebenswert macht und klimafreundliches Leben um so vieles einfacher, liegt schlicht darin begründet: Dichte. Viele Menschen wohnen auf relativ wenig Fläche dicht zusammen.

Das klingt zunächst wenig attraktiv: Wer lebt schon gerne beengt? Und doch: Das richtige Maß an Dichte macht das Leben für alle weniger anstrengend und klimafreundliches Leben zur logischen und einfachen Option.

Kurze Wege, gut genutzt

Das beginnt schon bei den Wegen. Egal, wo die Freundin wohnt, die ich besuchen will: Es gibt in Wien immer zumindest Straßenbahn oder Bus in der Nähe, manche davon fahren sogar nachts. In einer Stunde komm ich von einem Ende dieser wunderbaren 2-Millionen-Stadt ans andere – und hab dabei auch noch eine Zeitung gelesen oder meine Überweisungen am Handy erledigt. Egal, ob am Weg zur Arbeit oder in der Freizeit. Auto? Brauch ich praktisch nie. Und kann es mir damit auch sparen.

So ein dichtes Öffi-Netz lässt sich allerdings nur mit einer gewissen Bevölkerungsdichte sinnvoll betreiben. Eine Bushaltestelle je Einfamilienhaus geht sich nicht aus.

Dazu kommt, dass die meisten Wege in der Stadt kurz sind: Praktisch überall gibt es Geschäfte, Lokale, Sportstätten oder Parks in Geh- oder zumindest Radfahrdistanz. Und auch das ist möglich, weil sich so viele Menschen diese Infrastruktur teilen. So haben die Geschäfte ausreichend Kundschaft in direkter Umgebung, und so ist es möglich, die öffentliche Infrastruktur in dieser Qualität zu erhalten.

Diese große Freiheit in der Verkehrsmittelwahl – weil Öffis, Radfahren und Zu-Fuß-Gehen echte Optionen sind – führt dazu, dass die Wienerinnen und Wiener „nur“ 366 PKW je 1.000 Einwohner*innen brauchen, gegenüber mindestens 540 PKW je 1.000 Einwohner*innen in den Bundesländern (https://infothek.bmk.gv.at/2022-ist-erstmals-in-
allen-bundeslaendern-zahl-der-pkw-pro-1-000-einwohner-gesunken/
). Dementsprechend liegen auch die mobilitätsbedingten Treibhausgasemissionen in Wien bei nur 1,4 t pro Person und Jahr, während sie in den Bundesländern bis hin zum Doppelten ansteigen (https://klimadashboard.at/).

Teilen statt besitzen

Ein Erfolgsrezept von Stadt: Hier teilen wir viel. Ich muss eine Couch transportieren? Ein Carsharing-Auto oder ein Lastentaxi findet sich rasch. Die Kinder wollen schaukeln? Wir gehen auf den Spielplatz. Es ist heiß, wir brauchen Abkühlung? Das Schwimmbad ist gleich in der Nähe, die Donauinsel eine halbe Stunde mit dem Rad oder den Öffis entfernt. Die vielen Bücher haben keinen Platz mehr im Regal? Dann wandern einige in den Bücherschrank ums Eck (und auch mindestens eins von dort wieder nach Hause).

Kurz gesagt: Nicht alles, was ich manchmal nutzen will, muss ich deswegen gleich besitzen. Und gemeinsam können wir uns viel mehr leisten: Ab und zu ein Schwimmbadeintritt kostet deutlich weniger als der eigene Garten mit Pool. Ab und zu eine Autoteilen-Gebühr ist um einiges günstiger als das eigene Auto – und die Öffi-Jahreskarte ist da auch noch locker drin.

Dazu erleichtert es das Leben enorm, wenn man sich nicht selbst um Reifenwechsel, die Poolreinigung oder die Stabilität der Schaukel im Garten kümmern muss. Und es spart Ressourcen, wenn wir gemeinsam in Summe weniger Autos, weniger Poolfläche und weniger Müllabfuhr-Kilometer brauchen.

Dicht bebaut, gut genutzt

In Wien wohnen wir auf durchschnittlich 37m² pro Person – und haben die Wohnfläche in den letzten 20 Jahren kaum vergrößert. In den restlichen Bundesländern hingegen sind es zwischen 43 und 56m² pro Person – und die Wohnfläche hat sich in den letzten 20 Jahren um 10-20 % vergrößert (https://www.statistik.at/statistiken/bevoelkerung-
und-soziales/wohnen/wohnsituation
). Der Fokus aufs Einfamilienhaus am Land ist mit Grund für Österreichs Position als Versiegelungseuropameister: 10 Hektar gehen Tag für Tag verloren, davon wird mehr als die Hälfte dauerhaft versiegelt.

In der Stadt werden Wohnflächen genauso wie Straßen, Sportplätze, Geschäftsflächen viel intensiver und damit effizienter genutzt. Das Ergebnis spricht für sich: Statt 629m² Flächeninanspruchnahme je Einwohner*in im österreichischen Durchschnitt sind es in Wien nur 127m². Eine dichtere Siedlungsstruktur lässt also mehr Flächen frei für Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Naturraum, den wir für unsere Erholung und zum Erhalt der Artenvielfalt dringend brauchen.

Und nicht nur der Flächenverbrauch, auch der Energieverbrauch ist in der Stadt wesentlich geringer: weniger Gebäude- Außenflächen, weniger Energie für Mobilität, weniger Energie für die Errichtung von Infrastruktur – die sogenannte „graue Energie“, die bei der Errichtung von beispielsweise Kanalanschlüssen oder Straßenzufahrten von Wohnhäusern anfällt.

Urlaub in der Stadt

Und wenn dann bei all der Dichte Grünflächen und Erholungsräume nicht zu kurz kommen, „müssen“ wir Städter*innen auch nicht bei jeder Gelegenheit per Auto Richtung Zweitwohnsitz aufs Land flüchten. Wien bietet in diesem Sinn die besten Voraussetzungen für Urlaub und Erholung in der Stadt, und auch Währing hat in den letzten Jahren viel getan, um die Lebensqualität in sämtlichen Grätzln weiter zu steigern.

Bäume auf den täglichen Wegen oder ein abendlicher Spaziergang im Park sorgen für Erholung im Alltag und dafür, dass die Stadt auch im Sommer abends noch abkühlt. Wenn ich dazu von der Bim-Endhaltestelle aus die Tageswanderung im Wienerwald starten kann oder mit der U-Bahn an den Donaustrand: Wozu brauch ich da einen Zweitwohnsitz?

Stadt bietet uns die Möglichkeit, allen die Infrastruktur für ein gutes Leben bereitzustellen – ohne übermäßigen Flächenverbrauch, ohne übermäßigen Energieverbrauch und für alle leistbar. Ich lebe gerne in der Stadt.